Otl-Aicher-Allee

Otl Aicher, eigentlich Otto Aicher, geb. 3.5. 1922 in Ulm, war einer der prägendsten deutschen Gestalter des 20. Jahrhunderts und genoss große internationale Anerkennung. Er wuchs in einem gegenüber dem NS-System kritischen Umfeld auf, war Schulfreund von Werner Scholl und ab 1939 auch mit dessen Geschwistern befreundet. Er weigerte sich, der Hitlerjugend beizutreten und wurde dafür 1937 inhaftiert. 1941 durfte er an der Prüfung zum Abitur nicht teilnehmen (wurde ihm nach dem Krieg nachträglich zuerkannt). Bei seiner Einberufung lehnte er das Angebot einer Offizierslaufbahn und jede Aufstiegsmöglichkeit ab. Durch eine selbst beigebrachte Verletzung entging er eine Zeit lang dem Kriegsdienst und stand 1943 der Familie Scholl bei, als Hans und Sophie wegen ihrer Mitgliedschaft in der Weißen Rose verurteilt und hingerichtet wurden. Anfang 1945 desertierte Aicher und versteckte sich bei den Scholls auf dem Bruderhof in Ewattingen. Ab 1946 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in München. Schon im Jahr darauf eröffnete er sein eigenes Atelier in Ulm.

1952 heiratete er Inge Scholl. Gemeinsam mit ihr war er 1946 Begründer der Ulmer vh. Mit Max Bill und dessen Frau leistete er theoretische Vorarbeiten für eine eigene Hochschule für Gestaltung, die 1953 mit der Grundsteinlegung auf dem Ulmer Kuhberg realisiert wurde. Dort war er Dozent für Visuelle Kommunikation. 1956 wurde er, nach dem Austritt Max Bills, Mitglied des Rektoratskollegiums und von 1962 bis 1964 alleiniger Rektor.

Von 1967 bis 1972 war er Gestaltungsbeauftragter der Olympischen Spiele in München und entwickelte ein bis heute international verbreitetes System von Piktogrammen. Danach zog er nach Rotis ins Allgäu (heute Ortsteil von Leutkirch). Dort gründete er 1984 das „Rotis Institut für analoge Studien“ und entwickelte u.a. die Rotis Schriften. Bei der Gartenarbeit vor seinem Haus von einem Motorrad angefahren, starb er am 1. 9. 1991 an den Folgen. 


Autor: Karl-Heinz Mallow
erschienen im bbb-27 Juni 2012

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